|
Startseite / Dogmatik / Glück / Thomas von Aquin
Das Thema des Glücks bei Thomas von Aquin
„Das findet sich nicht in irgend was
                                  Erschaffenem, sondern bloss in Gott“
Einleitung - Das Verständnis des Glücks bei Augustin und Thomas von Aquin
Das Verständnis des Glücks nach Augustin
Das Verständnis des Glücks nach Thomas von Aquin
Das Glücksthema bei Augustin und Thomas von Aquin
Thomas von Aquin genügte bei diesem Thema der reine Begriff „Glück“ nicht, sondern er bemüht sich, es noch genauer auszudrücken, er verwendet dieses Wort in seinen Untersuchungen gar nicht, sondern beschreibt es mit anderen inhaltlich naheliegenden zusammengesetzten Wkörtern – wie: „Glückruhe“, „Glückgeborgenheit“ und „Glückseligkeit“. Jeden dieser Begriffe betrachtet er gesondert und versteht unter jedem eine bestimmte Nuance. Der erste und der wichtigste Grund dafür, dass er niemals in dem zu betrachtenden Teil der „Summe der Theologie“ das Wort „Glück“ verwendete, ist meiner Meinung nach, dass er dadurch das Thema des Glückes deutlich zwischen dem philosophischen und christlichen
Standpunkte unterscheiden wollte.
Thomas von Aquin, Glasmalerei
Gemäss der klassischen Scholastik – von welcher Thomas von Aquin ein Vertreter ist - ist mit „Glück“ die Erfüllung menschlichen Daseins gemeint, die in Korrespondenz mit „Seligkeit“ steht und in dem neuzeitlichen Begiff der „Glückseligkeit“ mir ihr verbunden ist. Bei Thomas wird das „Glück“ mit den Ausdrücken „beatitudo“ und „felicitas“ bezeichnet. Wolfgang Kluxen meint, Thomas habe „felicitas“ vorwiegend in philosophischen Zusammenhängen gebraucht.
Die Betrachtung und Erforschung des Themas des Glückes befindet sich in seiner Hauptarbeit „ Summe der Theologie“, hauptsächlich in 5 seiner sogenannten „Untersuchungen“, die der Band II „Die sittliche Weltordnung“ umfasst:
- „Das worin die Glückruhe des Menschen besteht“.
Hier betrachtet Thomas von Aquin die mköglichen Varianten, wo der Mensch das ihm ruhebringende Glück finden kann: in Reichtümern, Ehren, Geltung, Ruhm, Macht, in manchen Gütern des Leibes, in Lust, Seelengut und manchen erschaffenen Gütern. Hier definiert er die Glückruhe als Endzweck des Menschen und nennt sie ein vollkommenes Gut. Aufgrund dessen macht er die Schlussfolgerung, dass die Glückruhe des Menschen nicht in der Macht besteht, weil die letztere im hköchsten Grade unvollkommen ist.
In bezug auf die Frage, ob Geborgenheit des Menschen in irgendeinem Gut des Leibes besteht, sagt er, dass der Mensch (im Sinne „der Leib“?) nicht das hköchste Gut ist und dadurch kommt er zum Verständnis, dass hier auch nicht der Endzweck liegt, welchen er auch hier als Glückgeborgenheit charakterisiert. Das letzte ist einigermassen merkwürdig, denn wir sehen, dass für Thomas von Aquin diese zwei Begriffe „Glückruhe“ und „Glückgeborgenheit“ dadurch, dass sie für ihn den Endzweck darstellen, identisch (?) sind. Wolfgang Kluxen unterscheidet aber bei Thomas diese Bezeichnungen.
,Freuung’ hält er nicht für die Wesenheit der Glückgeborgenheit, sondern für eine Folge von ihr. Er gibt der ,Freuung’ auch eine feste Bestimmung: die ,Freuung’ ist bei ihm die Beruhigung der Begehr. „...das Ding, das als Zweck begehrt wird, ist das, worin die Glückgeborgenheit besteht und was glückselig macht: aber die Erlangung dieses Dings heisst Glückseligkeit“.
Die ganze Untersuchung „Das worin die Glückruhe des Menschen besteht“ beendet er mit ergo: „In Gott allein also besteht die Glückgeborgenheit des Menschen.“
- „Das Wesen der Glückseligkeit“.
„Die Glückruhe des Menschen ist in Bezug auf die Ursache oder den Gegenstand etwas Unerschaffenes; dahingegen ist sie gerade in Bezug auf das Wesen von Glückseligkeit etwas Erschaffenes.“ So beginnt Thomas von Aquin diesen Teil. Hier geht es bei ihm um das Wesen der Glückseligkeit. Er sieht das Problem in der genauen Bestimmung und dem Verständnis dieses Phänomens und versucht zu verstehen, ob Glückseligkeit eine Werktätigkeit ist. Er kommt zur Feststellung, dass Glückseligkeit notwendigerweise eine Werktätigkeit ist. Jetzt untersucht er, ob es Werktätigkeit in der sinnhaften oder nur verstandhaften Hinsicht ist. Er setzt auch diese Verständniskette weiterfort, indem er erforscht, ob Glückseligkeit, wenn sie auf der verstandhaften Seite liegt, eine Werktätigkeit des Verstandes oder des Willens ist. In dieser Untersuchung verknüpft Thomas von Aquin diese schon von ihm betrachteten Begriffen wie „Glückruhe“ und „Glückseligkeit“, und schon von dieser Position ausfährt er fort, das Wesen der Glückruhe zu untersuchen. Er beschäftigt sich in diesem Teil mit den Fragen, ob die Glückruhe eine Werktätigkeit des Einsichts- oder des Wirkverstandes ist, ob die Glückruhe in der Erwägung der Einsichtswissenschaften besteht, ob sie im Erkennen der dem Stoff fernstehenden Wesen (er meint hier die Engel) besteht und ob sie in der Schau der gköttlichen Wesenheit liegt.
- „Die Erfordernisse der Glückruhe“.
Diesen Teil aller seiner Untersuchungen in diesem Werk beginnt Thomas von Aquin mit der Frage, ob ,Freuung’, die eigentlich scheinbar und vom ersten Blick her zur Glückruhe gehkört, was erheischt. Und das Motiv der Seligkeit erlangt in diesem Teil bei ihm die Dominante: er versucht desweiteren festzustellen, ob zur Seligkeit ,Erfassung’, die ,Rechtheit’ des Willens des Leibes, seine Vervollkommnung, irgendwelche äusseren Güter oder die Gesellschaft von Freunden erforderlich sind?
Seine Гњberlegungen zirkulieren im Grunde genommen nach folgendem Schema: Das wirkliche Gut ist vollkommen; sollte aber etwas, was er als Glücksgegenstand ansieht, aber unvollkommen sein, so bringt es einem Menschen nicht das Glück. Aufgrund dessen betrachtet er auch die anderen mköglichen Varianten, in denen der Mensch das Glück sucht.
- „Die Erlangung der Seligkeit“.
Hier entfaltet der Autor zu diesem Thema hauptsächlich den Begriff der ,Glückgeborgenheit’. Diesen Teil der Untersuchungen des menschlichen Glücks würde ich bei Thomas von Aquin als den spannendste bezeichnen. Hier herrscht bei ihm viel mehr Orientierung zur Praktk als in den obergenannten Untersuchungen, wo er nur theoretische Fragen stellte. Jede Frage, die er hier dem Leser vorlegt, scheint mir sehr spannend und gut formuliert. Jede Frage spricht für sich selbst: Kann der Mensch die Glückgeborgenheit gewinnen? Kann der eine Mensch seliger sein als der andere? Kann einer in diesem Leben glückselig sein? Argumente dafür sind bei ihm die Bibelstellen. Auch die Gegenargumentation findet er in der Bibel (aus Hiob). Als Fazit wählt er abermals eine Bibelstelle aus dem Rkömerbrief: „Selig heissen in diesem Leben einige, entweder wegen der Hoffnung auf die zukünftigen Leben zu erlangende Seligkeit, nach dem Worte Rköm. 8, 24: „In der Hoffnung sind wir gerettet worden“.
Kann der Besitz der Glückseligkeit verloren gehen? Hier findet sich bei ihm die deutliche Trennung zwischen zwei verschiedenen Welten, was typisch christlich ist. Weiterhin erforscht Thomas von Aquin, ob der Mensch mit seinem Naturgefühl die Glückgeborgenheit erwerben kann? ob der Mensch die Glückgeborgenheit durch die Tätigkeit eines hköheren Geschköpfes gewinnt? ob irgend welche guten Werke dazu verlangt werden, damit der Mensch von Gott die Glückgeborgenheit erlangen kann? ob jeder Mensch nach Glückgeborgenheit begehrt? Die Methode ist dabei bei ihm ziemlich merkwürdig, denn er beweist seine Argumentationen und Gegenargumentationen sozusagen mit den Axiomen, d.h. er bemüht sich ziehmlich oft nicht, seine Formulierungen dem Leser zu erläutern oder zu beweisen.
Die Aktualität der obengenannten Qualitäten, die von Thomas von Aquin erforscht waren, finden wir offensichtlich auch heute, auch wenn sie heutzutage mit anderen modernisierten Bezeichnungen benutzt werden.
Lehrmeinung:
„Thomas von Aquin hat...eine Doktrin vorgelegt, welche die übernatürliche und jenseitige Seligkeit als Daseinserfüllung zu beschreiben unternimmt, zugleich aber dem irdischen Glück als ,Teilhabe’ eine eigene Rechtfertigung gibt.“
|