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Grundwissen zum Markus Evangelium

Die Reste vom Schiff, welche im See Genezareth gefunden wurden. Diese archäologische Funde ist ca. 2000 Jahre alt

Die Reste vom Schiff, welche im See Genezareth gefunden wurden. Diese archäologische Funde ist ca. 2000 Jahre alt

Gliederung

1,1 – 1,13 † 1,13  Einleitung (die Botschaft des Täufers, Taufe und Versuchung Jesu) 1,14 – 5,43    Jesus in Galiläa 6,1 – 9,50    Jesus auf Wanderung innerhalb und außerhalb Galiläas 10,1 – 10,52   Jesus auf der Wanderung nach Jerusalem 11,1 – 13,37   Jesus in Jerusalem 14,1 – 16,8    Leidens- und Auferstehungsgeschichte 16,9 – 16,20  Der Schluss

Verfasser

Der Verfasser des MkEv nennt seinen Namen ebensowenig wie einer der anderen Evangelisten. Erst die Evangelienüberschrift, die man im 2. Jh. voranstellt, nennt seinen Namen.

Erster und wichtigster Zeuge für eine Verfasserschaft des Markus ist der Bischof Papias von Hierapolis (gest. n. 120/130), der folgendes im Vorwort zu seinen „Erklärungen der Herrenworte“† schreibt: „Auch dies hat der Presbyter (sc. Johannes): ‘Markus, zum Dolmetscher des Petrus geworden, schrieb alles, woran er sich erinnerte, sorgfältig auf, freilich nicht der Reihe nach, sowohl Worte als auch Taten des Herrn.’ Denn er hatte den Herrn weder gesehen, noch war er Ihm (als Jünger) nachgefolgt, sondern erst später, wie ich bereits sagte, dem Petrus. Dieser richtete seine Lehrvorträge nach den Bedürfnissen (der Hörer), jedoch nicht so, als wollte er eine (fortlaufende und lückenlose) Zusammenstellung der Herrenworte geben. Darum fehlte auch Markus nicht darin, dass er einiges so aufschrieb, wie er es im Gedächtnis hatte. Denn er war darauf bedacht, nichts von dem Gehörten wegzulassen oder falsch wiederzugeben.“

„Dolmetscher“ kann bedeuten: 1) Markus übersetzte die Worte des Petrus aus dem Aramäischen ins Griechische; oder 2) die Lehrverkündigung des Petrus schriftlich fixierte.

Die Meinungen der Forscher hinsichtlich der Autorschaft des MkEvs sind nicht einig: unbekannt (Theissen) Markus (Hengel)

Adressat

MkEv setzt sowohl a) heidenchristlichem (vorwiegend), als auch b) judenchristlichem Empfänger voraus:

  • Erklärungen jüdischer Bräuche
  • Übersetzung semitischer Ausdrücke
  • Das Fehlen des Terminus nomoV
  • Das Verständnis der Gebote nicht mehr als kultisch, sondern moralisch

b) – Fundamentalunterscheidung des Gesetzes ‘Rein-Unrein’ ist präsent. (Mk 7)

Ort der Abfassung

Aufgrund der Lokalisierung der meisten Belege kann man nun annehmen, dass Markus dem antiochenischen Missionskreis um Barnabas angehört hat und sich wie Barnabas nach dem „antiochenischen Konflikt“ von Paulus trennte. Der Hinweis des Apostels Petrus, der Markus als sein Sohn nennt (1 Petr 5,13) lässt die Möglichkeit zu vermuten, dass der Letztere später dem in Syrien hoch angesehenen Petrus angeschlossen hat. Markus wäre dann bereits in Syrien zum Begleiter des Petrus geworden.

Syrien (Theissen) Rom /u.a. Gebrauch vieler Latinismen/ (Hengel) Gegend um Cäsarea Philippi (Heiligenthal)

Datierungsvorschläge

66 – 74 n. Chr. /Weissagung setzt die Tempelzerstörung voraus/ (Theissen) 70er Jahre n. Chr. (Hengel) Qumran-Fragment 7Q5 enthält den Text von Mk 6,52f., freilich in einer uns sonst nicht bekannten Leseart. Das macht die sensationell aufgemachte Behauptung, dass Datierung um 50 oder früher sein.

Z.Z. dominierende Meinung: MkEv ist die älteste direkt erreichbare Form der literarischen Gattung „Evangelium“.

Sprache

Die Sprache ist einfach; der griechischen literarischen Hochsprache steht der Verfasser fern. Dass Mk das kürzeste aller Evangelien ist, liegt nicht an seiner Art der Darstellung, sondern am Umfang des verarbeiteten Materials. Die einzelnen Erzählungen sind im Gegenteil meistens recht ausführlich. Mk versteht es, erzählerische Kunstmittel einzusetzen, z.B.: das Verschachteln zweier oder mehrerer Erzählungen: z.B. 14,53-72: die Verleugnung Jesu durch Petrus geschieht zur gleichen Zeit wie die Verspottung durch die Soldaten.

Der leitende Gedanke des Markus-Evangeliums

Der leitende Gedanke des MkEv wird oft odos - Motiv genannt, was aber nicht bedeutet, dass MkEv geographisch-folgetreu gegliedert ist. Mk lässt Jesus darum nicht mehrfach nach Jerusalem wandern lassen önne, weil er wahrscheinlich den Weg Jesu nach Jerusalem als Anabasis des Erlösers in das himmlische Heiligtum deute.

Alle entscheidenden Aussagen über das Wirken Jesu mit Galiläa verknüpft sind: Jesus kommt aus Galiläa (Mk 1,9) beginnt dort Seine Predigt (Mk 1,14. 39) gewinnt dort Seine ersten Jünger (Mk 1,16) und Anhänger (Mk 2,8; 3,7) verkündet dort Sein Leiden (Mk 9,30) verheißt Sein Rückkehr als Auferstandener nach Galiläa (Mk 14,28) Galiläa ist der Ort der eschatologischen Offenbarung Jesu und Ausgangspunkt der Heidenmission (Mk 7,24. 28. 37; 14,28 u.a.)

„Messiasgeheimnis“-Hypothese

William Wrede: „Messiasgeheimnis in den Evangelien“ (1901): Der Evangelist Markus habe keine wirkliche Anschauung mehr vom historischen Leben Jesu gehabt und das MkEv will keinen historischen Bericht des Lebens Jesu bieten, sondern eine theologisch-dogmatische Darstellung darüber. Markus ordnet und gestaltet den aus der Tradition auf ihn gekommenen Stoff nicht nach historischen Gesichtspunkten, sondern unter dem Leitgedanken des „Messiasgeheimnisses“. Das Messiasgeheimnis soll verschleiern, dass Jesus selbst kein messianisches Selbstverständnis gehabt habe: deutlich werde dies am Messiasbekenntnis des Petrus (8,29), das für weiteren Gang der Erzählung folgen- und bedeutungslos bleibe und keinen Einschnitt im Leben Jesu oder im Verhältnis zu seinen Jünger markiere. Es bilden die Streitgespräche, Gleichnisse und Leidensweissagungen thematisch geordnete Komplexe, aber keine historische Abfolge. Als Widersprüchlichkeit im Handlungsgang des Evs wird u.a. die Öffentlichkeit des Wirkens Jesu trotz Seiner Bemühungen um „Geheimhaltung“ genannt.

Wrede sah in: Schweiggeboten (1,34. 44; 3,12; 5,43; 7,36; 8,26. 30; 9,9) Belehrungen allein der Jünger (7,17f; 9,30-33; 10,10) Verhüllen der Sinn der Gleichnisrede (4,10 ff. 34b) einen schon von Mk übernommenen dogmatischen Ausgleich zwischen der messianischen Wirklichkeit des geschichtlichen Jesus und dem Messiasglauben der Urgemeinde seit der Auferstehung (übernommen von Bultmann).

Gegenargumentation zu der „Messiasgeheimnis“-Hypothese

„Vor allem aber hat die umfangreiche und keineswegs abgeschlossene Diskussion über das Problem des Messiasgeheimnisses seit Wrede gezeigt, dass die von Mk vertretene Anschauung wesentlich komplizierter ist, als Wrede annahm.“ (Kümmel)

  • die Geheimhaltungsforderung hat nicht immer denselben Sinn
  • Jesus tut Wunder, die nicht verborgen bleiben önnen
  • Jesus macht nicht deutlich, warum diese Bekanntgabe untersagt wird
  • Die Verborgenheit bei Mk ist irgendwie beschränkt
  • Die anderen Evangelisten sprechen über Untersagungen auch

Dodd: Der Anordnung der Berichte im wesentlichen die überlieferte Reihenfolge der Geschichte Jesu zugrunde liegt, die auch in Apg 10,37–41 erkennbar ist. Gaye u.a.: das Fehlen jedes eindeutigen geographischen oder pragmatischen Zusammenhanges. Farrer: die Berichte sind nach einem theologischen Schema angeordnet, das sich im Sinne einer typologischen Erfüllung at. Texte mehrfach wiederholt. Carrington: die Reihenfolge ist durch den liturgischen Kalender bestimmt, nach dem die einzelnen Perikopen an bestimmten Sonntagen des Jahres im Gottesdienst verlesen werden sollen.

Beach: 6 Stufen der Offenbarung der Messiaswürde Jesu, die ähnlich einem griech. Drama sind. Bowman: parallel zur jüdischen Passa-Haggada, die Verkündigung der neuen Geschichte der Befreiung.

Der Schluss des Markus-Evangeliums

16,1-8 = “kürzerer Schluss” - À, B u.a. IV Jh 16,9-20 = „längerer Schluss“† einig der syrischen Übersetzungen aus III Jh., sogar um 200, die natürlich noch die früheren griechischen Vorlagen hatten.

Man vermutet, dass „längerer Schluss“ entweder verloren gegangen war, oder wurde später zum MkEv hinzugefügt (jedoch nicht später als im 2 Jh.)

Al and schlägt folgende Erklärung vor: „Der Abschluss des Markusevangeliums mit 16,8 wurde sehr bald nach der allgemeinen Verbreitung des Evangeliums über alle Provinzen der Kirche, die einige Jahrzehnte in Anspruch genommen haben dürfte, als unbefriedigend empfunden. Denn hier wurde zwar das Faktum des leeren Grabes berichtet, aber die Begegnung der Jünger mit dem Auferstandenen nur angekündigt, nicht erzählt. So gab man, und zwar mit Sicherheit schon im 2. Jahrhundert, dem Evangelium einen Abschluss.“

Tendenzen der neueren Forschung

Seit der grundlegenden Studie von William Wrede steht das „Messiasgeheimnis“ im Zentrum der Markussforschung:

1901

Wrede

Das Messiasgeheimnis in den Evangelien

1939

H.J.Ebeling

Das Messiasgeheimnis und die Botschaft des Markusevangeliums

1976

H. Räisänen

Das ‘Messiasgeheimnis’ im Markusevangelium

1983

R.Weber

Christologie und „Messiasgeheimnis“: ihr Zusammenhang in den Darstellungsintentionen des Markus

1989

J.M. Robinson

Messiasgeheimnis und Geschichtsverständnis

Man kann aber auch sagen, dass in der neueren Forschungsgeschichte die Tendenz ist, Markus nicht mehr vom Messiasgeheimnis her zu interpretieren:

1984

C.Breytenbach

Nachfolge und Zukunftserwartung

1985

W.S.Vorster

Markus-Sammler, Redaktor, Autor oder Erzähler?

1987

Th. Söding

Glaube bei Markus

1992

K.Scholtissek

Die Vollmacht Jesu

Andere Themen zum Markus-Evangelium

Evangelium nach Markus

Die Speisung der fünf Tausend nach dem Markus-Evangelium